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1954 Bild




Seit Monaten ist auf der Schachtanlage des Kaliwerks Neuhof ein emsiges Treiben zu beobachten. Die Wintershall Aktiengesellschaft baut das seit 1926 stilliegende Kaliwerk Neuhof - Ellers wieder auf. Dieser Aufbau umfasst den gesamten Betrieb; denn auch in den Grubenbauen sind erhebliche Vorrichtungsarbeiten zur Schaffung neuer Aufschlüsse, ebenso wie eine allgemeine technische Modernisierung erforderlich. Der in den Jahren 1906 - 1909 abgeteufte Schacht Neuhof (Wilhelm von Recklinghausen) erhält als künftiger Hauptförderschacht eine neue Fördermaschine samt Fördergerüst. Die zum größten Teil bereits früher abgerissenen Verarbeitungsanlagen und abmontierten maschinellen Einrichtungen müssen neu erstellt werden. Die Investitionskosten belaufen sich auf über 20 Millionen DM, wofür Wintershall für einen Teil Kredite aufgenommen, hierfür jedoch das volle Risiko zu tragen hat.


Neubau Mühle
Werksanlage Neuhof im Vordergrund Stahlbauten für das Mühlengebäude; weiter hinten die Flotation im Bau



Schon Mitte der dreißiger Jahre hatte die Wehrmacht das Werk als Munitionsbetrieb ausersehen, und im Krieg wurden unterirdisch, in entsprechend hergerichtete Räumen, Sprengstoffe gelagert und abgefüllt. Ferner wurden dort ein Heeresbekleidungsamt sowie ein großer Sanitätspark eingerichtet. Nachdem das Werk von der Besatzungstruppe (US Amerikaner) längere Zeit besetzt war und infolge Plünderung der Wehrmachtbestände durch Fremdarbeiter (Zwangsarbeiter) ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde, übernahm die STEG die Verwertung des übrigen Heeresgutes. Die Liquidation dieser Vorräte blockierte längere Zeit die bereits früher von Wintershall beabsichtigte Wiederinbetriebnahme des Werks. 

Bekanntlich entstand nach dem Krieg ein erheblicher Bedarf an Kalidüngemitteln, nachdem die größten Werke infolge der Zonentrennung verlorengingen. Durch die STEG-Arbeiten verlor Wintershall wertvolle Zeit, um bei der dringenden Versorgung der Landwirtschaft mit Düngemitteln seinen Anteil von dem für Süddeutschland besonders günstig gelegenem Werk Neuhof mit beizusteuern. Es zeugt deshalb für die unternehmerische Initiative, wenn, trotz der inzwischen auf anderen Werken vergrößerten Kapazität, Wintershall heute dieses Werk als mittelgroßen Produktionsbetreib neu aufbaut und damit auch für den Kreis Fulda neue Arbeitsplätze schafft.

Das Werk beschäftigt heute bereits, neben zahlreichen Bauarbeitern, über 250 eigene Arbeitskräfte, und die Belegschaft wird bis zur Inbetriebnahme im Herbst diesen Jahres auf 600 Mann ansteigen.


1954 doppelt Schachtaanlage
Alter Doppelförderturm des Schachtes "Wilhelm von Recklinghausen" in Neuhof  

Bis dahin bleibt jedoch noch viel zu tun. Bemerkenswert ist das neue Flotationsverfahren für die Verarbeitung des Rohsalzes. Dadurch wird vor allem ein Laugenabstoß vermieden, der bei dem sonst in der Kaliindustrie üblichen Heißlöseverfahren unumgänglich ist. In Neuhof ist jedoch ein Laugenabstoß infolge der ungünstigen Vorflutverhältnisse für eine Verarbeitung nicht gegeben.

So werden nun im Herbst dieses Jahres die ersten Kalizüge Neuhof verlassen und mit dazu beitragen, die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen zum Segen der Landwirtschaft.

Quellennachweis: Der Landkreis Fulda 1954, Verlag Hans Burkhard in Essen
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