In jüngster Zeit hat das Interesse an der Industrigeschichte und an der Erforschung industriegeschichtlicher Anlagen und Denkmäler, speziell an der Restaurierung der historischen Wasserversorgungsanlagen, in Hessen an Bedeutung zugenommen. Das ist ein relativ neuer Prozess, der nachholt, was lange Zeit zuvor versäumt worden war. Die Bereitschaft, historische Wasserversorungsanlagen zu erhalten und zu restaurieren geht primär von den Bürgern der Ortschaften aus, in denen solche erhaltenswerten Anlagen stehen. Diese Bürger engagieren sich in den örtlichen Heimat- und Geschichtsvereinen sowie Naturschutzbünden und Bürgerinitiativen für den Erhalt und die Pflege der Wasseranlagen aus Gründen des Denkmal- wie des Naturschutzes. Sie sorgen für die fach- und stilgerechte Restaurierung der Gebäude und die Instandsetzung der technischen Anlagen (Wasserräder, Laufräder, Pumpen), damit die Bevölkerung deren ursprüngliche technische Funktion und gesellschaftliche Bedeutung wieder verstehen kann.
Diese ehrenamtlichen Mitarbeiter, die sich in die Technik und Thematik der Wasseranlagen eingearbeitet haben, organisieren auch Führungen durch die Anlagen in Verbindung mit Ausstellungen der noch vorhandenen bzw. erneuerten Wassertechnik. Gelungene Beispiele aus jüngster Zeit (2009/10) kann man in Ober- und Mittelhessen in Hofheim am Taunus, Leihgestern, Gießen-Allendorf oder Södel (Wetterau) finden, wo auf Betreiben von Bürgerinitiativen und Ortsvereinen (NABU), Heimat- bzw. Geschichtsvereine) die historischen Wasserhäuser unter Denkmalschutz gestellt und restauriert wurden. Ds historische Wasserhaus von 1907 in Leihgestern wurde fachgerecht saniert und 2010 unter reger Beteiligung aller Ortsvereine und vieler Bürger feierlich eingeweiht.
Es wurde erreicht, dass das Wasserhaus in die Denkmaltopographie des Landkreises als Industriedenkmal eingetragen wurde. Es wäre wünschenswert, wenn diese gelungenen Beispiele Ansporn für weitere Gemeinden wären, ihren bisher noch wenig beachteten historischen Wasserhäuschern die gleiche Anerkennung und Bedeutung zukommen lasssen und sie als Industrie- und Kulturdenkmal zu schützen. Dies gelingt aber nur, wenn sich Bürger finden, die sich für den Erhalt und die Pflege des Gebäudes engagieren. Das jüngste Beispiel der gelungenen Sanierung und Restaurierung von Wasseranlagen stammt aus Hofheim/Taunus, wofür die Stadtwerke Hofheim im Jahr 2011 mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet wurden.
Ausblick: Die historischen Wasseranlagen und Hochbehälter könnten heute einer neuen Funktion und Nutzung im Rahmen von Landschaftsgestaltung und Freizeitangeboten zugeführt werden. Ihre kulturhistorische Bedeutung als Industriedenkmäler sollte dabei im Mittelpunkt stehen. Die Einbeziehung der geografisch exponiert gelegenen Wasserhäuser (Aussichts-, Rastplätz) in die mobile Freizeitgestaltung könnte einen bedeutenden Beitrag für eine Aufwertung der Wasserhäuser in den Städten und Gemeinden Mittel- und Oberhessens liefern. So ist auch zu hoffen, dass der entgegen den Forderungen des Denkmalschutzes und gegen den Willen der Anwohner teilweise abgebrochene und vom endgültigen Abbruch bedrohte Wasserhochbehälter in Büdingen erhalten und der zugehörige Aussichtspavilon rekonstruiert werden kann.
Quellennachweis: Denkmalpflege & Kulturgeschichte 3-2014
rem 10-2014