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Schönbuche

Das Naturwaldreservat „Schönbuche“ liegt im Südwesten des Gieseler Forstes
und befindet sich etwa 13 Kilometer süd-westlich der Stadt Fulda. Das 1988 aus-gewiesene, 28 Hektar große Totalreservat und seine mit 27 Hektar fast ebenso große Vergleichsfläche umfassen die Forstabteilungen „Schönbuche“, „Seekasparsstein“ und „Storchsjagen“. Das Gebiet wird vom Forstamt Fulda betreut. Naturwaldreservat und Vergleichsfläche sind Teil des FFH-Gebietes „Schönbuche“, das auf 125 Hektar den Lebensraumtyp „Hainsimsen-Buchenwald“ schützt. Naturräumlich gehört der Gieseler Forst zum Unteren Vogelsberg, der den Hohen Vogelsberg ringförmig umschließt, nimmt jedoch innerhalb dieses von Basalt geprägten Naturraumes als überwiegend bewaldetes Buntsandsteingebiet (Mittlerer Buntsandstein) eine Sonderstellung ein. Die Mittlere Jahrestemperatur beträgt 7 °C; im langjährigen Mittel fallen 715 mm Niederschlag, davon 325 mm inseiner Umgebung lassender Vegetationsperiode.Vorherrschender Bodentyp auf den im unteren Teil überwiegend frischen, am Oberhang meist mäßig frischen, ost- bis südostexponierten Hangstandorten ist die Braunerde, die in größeren Teilbereichen des Naturwaldreservates Podsolierungsmerkmale aufweist.

Flur- und Forstortsnamen im heutigen Naturwaldreservat und in seiner Umgebung lassen sich mit natürlichen und historischen Gegebenheiten in Verbindung bringen. So dürfte sich der Name „Storchsjagen“ (Jagen = Forstabteilung) auf ein über längere Zeit bestehendes Vorkommen des Schwarzstorchs beziehen, während der „Seekasparstein“ die Grundlage zu einer in mehreren Varianten existierenden Sage bildet, nach der eine im 17. Jahrhundert lebende Person namens Seekaspar, die mal als Wilderer, mal als Landsknecht beschrieben wird, hier noch immer umgehen soll. Am nordwestlichen Rand des Naturwaldreservates verlief die erstmals im 8. Jahrhundert genannte „Alte Straße“ (auch „Antsanvia“), die als Höhenweg, ohne die Ortschaften zu durchqueren, von Mainz nach Erfurt und Leipzig führte. Auf dieser Strecke wurde wahrscheinlich im Jahr 754 n. Chr. der Leichnam des Bonifatius von Mainz nach Fulda überführt.

Schild                       Distriktstein                      Schildrot      

Der seit mindestens 1818 benutzte Forstortsname „Schönbuche“ deutet auf eine längere Tradition und die heute noch erkennbar gute Qualität der Baumart Buche im Gebiet des Naturwaldreservates hin, das zugleich inmitten der historischen Waldlandschaft „Buchonia“ (auch Bochonia, Boconia, Buochonia) liegt. Belege für dieses große Waldgebiet, dessen Name von der Buche abgeleitet wird, finden sich im 8. bis 10. Jahrhundert zwischen Kaufunger Wald im Norden und dem unterfränkischen Sinntal im Süden. Der dem Naturwaldreservat am nächsten gelegene Beleg betrifft die südwestlich von Neuhof gelegene Ortschaft Flieden, die 811 n. Chr. als im Waldgebiet „Buchonia“ liegend bezeichnet wird.Wie im gesamten Naturraum Vogelsberg spielte die Buche im Gieseler Forst nach pollenanalytischen Befunden von der Bronzezeit bis in die Neuzeit die wichtigste Rolle. Infolge zunehmender, zum Teil devastierender menschlicher Eingriffe (Holznutzung, Köhlerei, Waldweide, Streunutzung) und eines im 18. Jahrhundert starken Rotwildbestandes von 11-16 Stück je 100 Hektar nahm ihr Anteil dann vor allem zugunsten von Kiefer und Fichte ab. Der heute stark von Nadelholz geprägte Gieseler Forst war noch bis zum 18. Jahrhundert von Laubholz dominiert. Spätestens seit dem frühen 17. Jahrhundert wurden aber Kiefern eingebracht. Im heutigen Forstamt Fulda erinnern mehrere Forstbildstöcke an ausgedehnte Aufforstungen mit dieser Baumart. Der älteste von ihnen (dies ist den in Rommerz stehende Bildstock) steht etwa fünf Kilometer südöstlich des Naturwaldreservates und beschreibt die Anpflanzung von Kiefern („Tannen“) unter dem späteren Fürstlich Hessischen Ober-Forst- und Land-Jägermeister Caspar Moritz von Wechmar (1583-1644) im Jahr 1613.

Eine im "Journal für das Forst-, Jagd- und Fischerey wesens" erschienener Reisebericht aus dem Jahr 1793 bezeichnet die forstlichen Verhältnisse auf den Buntsandsteinböden des Unteren Vogelsberges als von schlechtwüchsigen Birken und Eichen geprägt und stark durch die Gewinnung von Stallstreu übernutzt: „…der Wuchs an den Eichen ist sehr elend, und Heide prädominirt. Horrende Strecken sind so bewachsen, und man löst dort beynahe mehr Geld aus der Heide, die zur Streu gehackt und gekratzt wird, als aus dem Holze. Warum man die Anzucht der Kiefer,… die sich ungleich besser auf diesen etwas mageren Sandboden schickt, nicht eifriger und aus allen Kräften betreibt, kann ich nicht begreifen.“ Der Anbau von Kiefern wurde dann von Ernst Friedrich Hartig (1773-1843) in seiner Eigenschaft als Oberforstmeister in Fulda ab etwa 1810 stark vorangetrieben. Streunutzung wurde bis zur Mitte des 19. Jh. ausgeübt. Bis zu dieser Zeit war es der Gemeinde Rommerz auch noch erlaubt, ihre Schafe auf bestimmten Waldflächen weiden zu lassen. Die endgültige Ablösung der Huterechte erfolgte dann zwischen 1871 und 1880. Heute ist die Wald-Kiefer, gefolgt von der Fichte, die im Gieseler Forst häufigste Baumart.

Die Bestockungsgeschichte des Naturwaldreservates „Schönbuche“ lässt sich mithilfe der Forsteinrichtungswerke bis in das frühe 19. Jahrhundert sehr gut zurückverfolgen. Bereits 1823 war das Gebiet durchgehend mit Buche bestanden und wurde im Hochwaldbetrieb bewirtschaftet. Die Verjüngung der Buchenbestände wurde hier in den 1830er Jahren eingeleitet. Da die natürliche Buchenverjüngung unter dem Schirm des Altbestandes nicht ausreichte, wurden ab 1838 Maßnahmen zur Vervollständigung ergriffen. Hierzu gehörten Bodenbearbeitungsmaßnahmen, eine Buchensaat auf größerer Fläche sowie kleinflächig Eichen- und Fichtensaat. Zugleich wurde zwischen 1838 und 1848 auf 8,3 Hektar die Pflanzung von insgesamt 14.140 bis zu 3 m hohen Buchen (Heisterpflanzung) im Abstand von etwa 2,5 Metern durchgeführt, die aus verjüngten Bestandesteilen entnommen worden waren. Ergänzend folgten 1846-1853 die Pflanzung von 26.000 Kiefern und Lärchen auf 3,2 Hektar, 1850-1864 die Pflanzung von 51.000 Fichten auf 6 Hektar, 1851/52 die Pflanzung von 10.000 5-jährigen Eichen auf 1,4 Hektar und 1859/60 die Pflanzung von 6.000 4-jährigen Buchen auf 0,7 Hektar.

Insgesamt wurden zwischen 1838 und 1864 Saaten auf 28 Hektar und Pflanzungen auf 20 Hektar durchgeführt. Noch heute sind im Totalreservat stellenweise Pflanzreihen in den Buchenbeständen gut erkennbar.Die letzte Hiebsmaßnahme erfolgte im Totalreservat 1986. Durch die Orkane „Vivian“ und „Wiebke“ im Februar/März 1990 fielen hier etwa 200 Festmeter Holz. In der durch die beginnende Endnutzung bereits stärker aufgelichteten Vergleichsfläche entstanden mit über 1.000 Festmetern deutlich größere Sturmschäden. Ein Gewittersturm im August 1992 warf in der Vergleichsfläche nochmals über 600 Festmeter. Nur kleine Schäden richtete der Sturm „Kyrill“ 2007 an. Kalkungsmaßnahmen wurden im heutigen Totalreservat noch 1987, in der Vergleichsfläche 1989 und 1991 durchgeführt.

Kurzcharakteristik des Naturwaldreservates

Größe Totalreservat: 28 ha,
Vergleichsfläche: 27 ha
geographische Lage etwa 13 Kilometer südwestlich von Fulda
Höhenlage 370-455 Meter über Meereshöhe
Naturraum Unterer Vogelsberg (Gieseler Forst)
Geologie Mittlerer Buntsandstein (mit Lössbedeckung)
Böden Braunerde, zum Teil podsoliert
Klima Berglandklima (submontan, schwach subkontinental)
Waldbestand Buchenwald
Vegetationstypen Hainsimsen-Buchenwald