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Kindheitsjahre von Johannes Möhle

Johannes Meine Jugend  
   

Am 7. März 1923 wurde ich in Sorsum, Kreis Hildesheim, im güldenen Winkel, geboren. Mein Heimatdorf befindet sich eine Wegstunde von der Stadt Hildesheim entfernt. Die Ortschaft hatte ca. 800 Einwohner, war ringsumher von wogenden Getreidefeldern und blühenden Obstbäumen umgeben in einen Winkel eingebettet. Das Wahrzeichen war der weithin sichtbare Kirchturm in der Mitte des lang gestreckten Dorfes. Den Abschluss für unser Dorf bildeten im Osten der Finkenberg (mit der Teufelsküche) und der Lärchenberg. Über den Finkenberg gelangte man nach einer Stunde Fußmarsch zum Moritzberg und dann in die Stadt Hildesheim. Bei klarem Wetter und Ostwind hörten wir die Glocken der Bischofsstadt den Sonntag einläuten. Im Süden bildete der Hildesheimer Wald mit seinen mächtigen Eichenwäldern den Abschluss – dem sich im Westen der Escherberg mit seinen riesigen Mischwäldern anschloss. Der Norden war die Eingangspforte zum güldenen Winkel, der in das Flachland des Calenbergerlandes bis zur Landeshauptstadt Hannover mündete. Bei schönem Wetter konnte man von der St. Antoniuskapelle Hannover in 30 km Entfernung liegen sehen. Ein Wunschtraum als Kind, dort einmal hinzukommen.

Mein Elternhaus befand sich an der Hauptstraße im Oberen Dorf, d.h. südlich von der Kirch. Das Anwesen war ein kleiner landwirtschaftlicher Hof mit schönem Fachwerkhaus, Stallung, Scheune, Wagenschauer und einem großen Obst- und Gemüsegarten. Vater war gelernter Reifenmacher, und durch die Heirat mit meiner Mutter kamen sie in diesen Besitz.

Da dieses Anwesen von 4 ha eine Familie von 5 Kindern und Eltern kaum ernähren konnte, verrichtete mein Vater außer Landwirtschaft noch Nebenbeschäftigungen. Das Reifenmachen aus Holz war nur noch eine Gelegenheitsarbeit, die in den Jahren 1935 – 1936 ganz aufhörte. Holzreifen wurden dann durch Eisenreifen und Holzfässer durch Eisenfässer ersetzt.

Seine zweite Beschäftigung war vom Herbst bis Frühjahr im Walde zu arbeiten. Dort gab es allerhand zu tun, vom Holzfällen, Bundholz machen bis zum Pflanzen von neuen Kulturen im Frühling. Die schwerste Arbeit war das Fällen von Eichen und Buchen mit der Handsäge, die von zwei Mann bzw. von vier Mann gezogen wurde. Es musste immer der gleiche Rhythmus eingehalten werden, sonst klappte es nicht. Diese Arbeit wurde auch bei starkem Frost und viel Schnee verrichtet. Vater ging morgens um 6 Uhr bei Dunkelheit aus dem Haus, da der Weg ca. eine Stunde und länger dauerte. Abends kam Vater gegen 18 Uhr wieder heim, durchgefroren und zum Teil mit nasser Kleidung, die dann über dem Herd getrocknet wurde. Ebenso wurden die Stiefel über Stöcke gestülpt auf den Herd gestellt für den nächsten Tag.

Im Sommer gab es noch eine Beschäftigung in Neuhof bei Hildesheim. Große Kirschplantagen mussten in der Reifezeit gepflückt werden, ebenso im Herbst, in der Apfel- und Pflaumenzeit wurden es noch einmal einige Wochen dieser Tätigkeit. Zur Zeit der Rübenernte boten die Verladearbeiten auf dem nächsten Bahnhof in Emmerke noch einmal eine kleine Gelegenheit zum Geldverdienen.

Wenn Vater außer Haus war, hat Mutter die anfallenden Arbeiten in Stall, Haus und Garten mit verrichtet. Dazu kamen wir vier Kinder von 1922-1925 Elisabeth, Johannes, Josef, Toni und 1933 kam mein jüngster Bruder Alois dazu! Es war für Mutter immer ein langer Tag. Dazu musste sie auch noch die Kleidung in Ordnung halten.

Wir Kinder wurden zu täglichen Arbeiten angehalten. Dazu gehörte das Holzholen für die Küche, im Stall musste genug Stroh sein, und die Fütterungszeiten von Kühen und Schweinen durften nicht vergessen werden. Bei den Hühnern war es einfach, mehrmals am Tage wurde auf den Hof Weizen gestreut und dabei sorgte der Herr des Hofes, „der Hahn“ für seine Hennen, damit jede zu ihrem Recht kam.

Im April 1929 kam ich in die dreiklassige Volksschule Sorsum. Nun begann ein neuer Lebensabschnitt mit kleineren und größeren Pflichten.

In der Unterstufe hatten wir die Lehrer Herr Algermissen und Herr Dörner. Bevor wir morgens um 8 Uhr mit dem Unterricht begannen, wurde zuerst um 7 Uhr in die Messe gegangen, bei jedem Wetter, ob Winter oder Sommer. 1931 kam ich dann in die Mittelstufe zu Fräulein von Hermanni bis Ostern 1933. Bei Fräulein v. Hermanni haben wir viel von all den Schönheiten der Natur gelernt. Wir haben schöne Ausflüge nach Hildesheim unternommen, das ja ihr Heimatstädtchen war und das sie uns besonders erklären konnte. Sie bereitete auch die Lehrgänge auf die Heilige Kommunion vor, mit meinem Bruder Josef gehörte ich dazu, diese Stunden werde ich nie vergessen.

Dieser Tag war für uns das schönste Fest. Nach der kirchlichen Feier durften wir mit Fräulein v. Hermanni bei Herrn Dechant Wehrmacker in seinem Saal im Pfarrhaus Kaffee trinken. Dann ging es nach Hause, wo die Eltern, Geschwister und lieben Verwandten schon warteten, es wurde im Familienkreise gefeiert. Den Abschluss dieses schönen Tages bildete eine Andacht, von Fräulein v. Hermann in unserer Pfarrkirche St. Kunibert gestaltet. Am nächsten Tag hatten wir Kommunionfeier mit den Engeln (Kerzenträger) schulfrei. Mit den Eltern besuchten wir noch einmal den Gottesdienst, gingen zur Kommunion. Nachmittags ging es dann mit Verwandten über den Finkenberg zum Moritzberg (Berghölzchen) Kaffee trinken. Es war ein besonderer Tag, der Herr Dechant Wehrmacker und Fräulein v. Hermanni waren auch dabei. Abends wurde nicht gelaufen, sondern mit dem Postbus vom „Güldenen Löwen“ Moritzberg gefahren. Wie wir abfahren wollten, fehlte mein Bruder Josef. Es war eine Aufregung, alles suchte im Berghölzchengebiet. Nach ca. einer halben Stunde wurde mein Bruder gefunden, er hatte sich verlaufen.

Diese Jahre in der Mittelstufe waren für mich die schönsten, trotz Schularbeiten und der häuslichen Arbeiten blieb noch Zeit mit unseren Geschwistern, sowie mit den nächsten Freunden, Nachbarn, zu spielen. Dazu gehörten auch Josef Baule, Anna Koch, Josef Bode, Karl Markwort, Anneliese Markwort, Marlies Markwort und die Ferienkinder bei Tante Katharine. Es waren Hedwig, Franz, Elisabeth, Magda und Maria Rohwold. Diese Stunden waren mit die schönsten in dieser Zeit.

Die Jahre in der Oberstufe unterrichtete Herr Hauptlehrer B., gebürtig aus unserem Nachbarort Emmerke. In dieser Zeit wurde schon sehr viel vom Nationalsozialismus unterrichtet. Herr B. war ein Anhänger dieser neuen Partei. Im Unterricht brachte er sehr viel von dem Führer dieser Partei, Adolf Hitler. Dieser Österreicher hatte genau wie Herr B. im „Ersten Weltkrieg“ als Freiwilliger in Frankreich gekämpft und diesen Krieg nicht vergessen. Unvergessen sind seine Reden am Vorabend zum 1. Mai. Der Maibaum wurde aufgestellt, und dann kamen von Hauptlehrer B. Fronterlebnisse und Schilderungen, die uns Jungen begeisterten. Genauso hatten wir Heimatkunde und Geländeunterricht. Dabei habe ich den Finkenberg und Lärchenberg mit alle seinen Wegen und Schluchten gezeichnet. Diese Zeichnungen wurden für unsere Geländespiele benutzt, für uns Jungen war es ein großer Spaß!

Im Unterricht war Herr B. sehr streng, hatte er den Knicker-Bocker-Anzug an, war seine Laune ungemütlich, wir hatten einen schlechten Tag. In Musik, wo Herr B. sehr oft auf der Geige spielte und wir dazu singen mussten, kam ich oft mit meinen Mitschülern in Verlegenheit, da wir zu tiefe Stimmen hatten. Morgens bevor der Unterricht begann, waren wir in der Heiligen Messe. Die Orgel spielte, Herr Hauptlehrer B. und zwei Messdiener mussten den Blasebalg treten. Hinter der Orgel, wo wir den Blasebalg bedienen mussten, war eine Notbeleuchtung. An einem Tag musste ich mit Willi L. den Blasebalg bedienen, dort sagte ich dann zu Willi, er solle einmal die beiden Drähte, die so lose herunterhingen, zusammenhalten. Wille führte dies aus, es gab einen Knall und eine Stichflamme, in der gesamten Kirche war das Licht aus, und die Orgel verstummte. Da ich ahnte, was nun kam, sind wir auf den Glockenturm geklettert. Aber unsere Strafe haben wir doch bekommen. Solche Streiche gab es immer wieder einmal. Im Guthof Prien mit Alois H. von der Mauer Weintrauben ernten, erwischt von Gartenmeister Hahn und dann doch noch entkommen.

Bei meinem Freund Heini L. zur Geburtstagsfeier eingeladen, beim Spielen in die Jauchegrube gefallen, weniger angenehm. Frau L. hat mich gebadet und ich bekam Sachen von Heini zum Anziehen. Ich hatte noch Glück im Unglück! Ein schöner Tag war für mich auch der „Hagelfeiertag“, ein angelobter Feiertag! Es wurde um die Feldmark durch den Finken- und Lärchenberg zu den vier Stationen eine Flurprozession durchgeführt, die morgens um 5 Uhr begann und mittags gegen 13 Uhr beendet war. Für uns Kinder war es immer ein besonderes Ereignis, wenn dann im Finkenberg die kräftigen Männerstimmen ihrer Freude im Gesang Ausdruck verliehen, wobei das Vogelgezwitscher an diesem Tag ein Nachsehen hatte. Bei der St. Antoniuskapelle war dann immer Frühstückspause. Vater hatte für uns Kinder Mettwurstbrote bereit, die Mutter morgens schon in der Früh für jeden gepackt hatte. Dazu gehörte Himbeeresaft zum Trinken. Nach der Pause wurde die Prozession fortgesetzt, abwechselnd mit Rosenkranzbeten und Singen. Der Abschluss war dann mittags in der Kirche.

Wenn wir Jungen nun zum Läuten der Glocken eingeteilt waren, es ging bei uns Messdienern alles nach Plan, mussten wir auf dem Glockenturm Ausschau halten, wenn eine Station in der Feldmark erreicht war, und dann wurde mit allen Glocken feierlich geläutet. Da die Flurprozession auch um die Felder des Klostergutes gemacht wurde, und um eine gute Ernte gebetet wurde, bekamen wir „Läuter vom Dienst“ vom Gutspächter Herrn Prien ein gutes Frühstück, welches die Gutsköchin schon vorbereitet hatte und wir es nur holen brauchten. Dieses Frühstück schmeckte uns besonders, war doch reichlich Mettwurst auf dem Brote.

In den letzten Schuljahren wurden wir durch den Junglehrer Herrn K. immer wieder aufgefordert, in die Hitlerjugend einzutreten. Meine Eltern waren grundsätzlich dagegen. Vater sagte immer: „Junge, die Sache geht nicht gut, zumal Hitler gegen die Kirche ist!“ Die Eltern waren immer für gute Zentrumswähler und hatten bedauert, dass 1933 Herr Brüning abdanken musste. – Vater hat wiederholt Plakate von unserer Scheune abgerissen, die von der „NSDAP“-Ortsgruppe ungefragt angeklebt waren. Der Wachtmeister der Ortspolizei war einige Male zum Verhör von Vater da. Bei diesem Verhört hat er Vater ausdrücklich gewarnt, er solle in Zukunft das Abreißen unterlassen. Mein Vater hat seinen Standpunkt verteidigt, „es ist mein Eigentum und

ich bin nicht gefragt, ob ich damit einverstanden bin. Meine Erlaubnis gibt es nicht dafür.“ Man hat dann auch andere Wände gefunden. Ein Erlebnis vom Plakate ankleben habe ich in guter Erinnerung. „Zirkus Krone“ hatte Vater zwei Freikarten für das Ankleben gegeben. Die Vorstellung war an einem Samstag. Mit Vater bin ich dann zu Fuß durch das Stadtfeld, Himmelstür zur Steingrube nach Hildesheim gegangen. Es war ein besonderes Ereignis für mich, einmal in einer so großen Zirkusvorstellung zu sein. Den Rückweg machten wir durch die Stadt Hildesheim, Moritzberg, wo wir Mutter noch einen schönen Blumenkohl mitbrachten, über den Finkenberg nach Hause. Der Weg einfach 9 km.

In die Hitlerjugend durften wir nicht, da aber unser Junglehrer K. keine Ruhe gegeben hat und unsere Mitschüler alle in der Gruppe waren, haben wir uns heimlich angemeldet, mein Bruder Josef uns ich. Das Geld für die Uniform haben wir uns in den Ferien beim Farnkrautschneiden im Walde und beim Unkrautziehen bei Bauer Klöpper verdient. An großen Fahrten oder Veranstaltungen durften wir von unseren Eltern aus nicht teilnehmen.

Da nun der Schulabschluss näher kam, musste ich mich für einen Beruf entscheiden. Mein Wunsch war, Postjungbote zu werden. Bewerbungen habe ich geschrieben und musste dann auch zur Vorstellung nach Hildesheim. Es waren zu viele Bewerbungen, und so bekam ich eine höfliche Absage. Danach entschloss ich mich für das Stellmacherhandwerk. Im Dorf war es nicht möglich, so habe ich mich dann auf eine Anzeige in der „Hildesheimer Zeitung“ beworben. Die Lehrstelle war dann bei Stellmachermeister Ed. Kaune in Achtum. Mit Vater war ich dann zur Vorstellung, und es wurde der Vertrag unterschrieben, Probezeit ein Vierteljahr ab 01.04.1937.


Lehr- und Gesellenzeit

von 1937 – 1942

Im April 1937 trat ich in meine Lehre bei Herrn Stellmachermeister Ed. Kaune in Achtum an. Der Vertrag lautete auf eine 3jährige Lehrzeit mit Kost und Übernachtung im Hause des Lehrherrn.

Die Arbeitszeit war von 6 Uhr in der Frühe bis abends 18 bis 20 Uhr. Oftmals war die Arbeitszeit noch länger, da unser Betrieb außer Stellmacherarbeit auch noch Holzwaren für Käsereibetriebe an den Großhandel, Fa. Mann, Hildesheim, lieferte. Kamen die Aufträge, dann wurde von morgens 4 Uhr bis 22 Uhr abends gearbeitet. Da ich von zu Hause fort war, bekam ich viel Heimweh, und die Arbeitszeit war auch nicht meinen Vorstellungen entsprechend. Der Meister hatte sich diesen Betrieb erst aufgebaut, auch sein Wohnhaus. Die Belastungen waren wohl ernorm, so dass alle Arbeiten im Holzfach angenommen wurden, dabei wurde nicht auf geregelte Arbeitszeiten gesehen. Einige Ziegen wurden auch noch gehalten. Die Milch wurde von der Meisterin zu Butter verarbeitet. Den Stall säubern musste ich, ebenso dann abends spät Futter holen. – Der Meister hatte noch einige Posten in der NSDAP inne. Zum Beispiel die Winterhilfe und NV-Kindergarten. Die Obstdosen für das Winterhilfswerk wurden bei uns (Sammelstelle) abgegeben. Nach Feierabend habe ich dann mit einem Handwagen diese Dosen zur Ortsgruppensammelstelle in Bettmar fahren müssen. Ein Weg von ca. 10 Kilometern. Dann hatten wir einmal in der Woche abends ca. 2 Stunden Dienst in der Hitlerjugend. Die Teilnahme war Pflicht. Von Ottbergen kam der Bannführer, Herr Lehrer K., mein ehemaliger Junglehrer von Sorsum.

Wenn ich am Wochenende nach Hause zu meinen Eltern und Geschwister wollte, musste ich erst die Werkstatt aufgeräumt haben, den Stall gemistet und all die Aufräumungsarbeiten auf dem Hof erledigt haben. Es war oft 20 Uhr oder erst auch Sonntagfrüh. Vom Meister bekam ich 50 Pfennig die Woche, dabei betonte er besonders, „Dieses Geld brauchte ich nicht zu geben, aber es ist eine Anerkennung.“

Zu meinen Arbeiten gehörte auch noch, in der Erntezeit an einer Straße Kirschen und Äpfel zu pflücken, dann einen Acker mit zu bewirtschaften, Gerste mähen und abnehmen. Heuernte ging mitunter wochenlang, war sehr vom Wetter abhängig. Urlaub waren meine schönsten Wochen in der Lehrzeit, konnte ich doch dann 14 Tage im Elternhaus bei der Getreideernte mithelfen und war mit meinen Geschwistern zusammen. Abends traf ich dann meine Schulfreunde und Nachbars- und Ferienkinder. – Zum Muttertag habe ich immer eine wunderschöne Hortensie von der Gärtnerei Blumenberg für meine Mutter mitgebracht. Mutter hat sich sehr gefreut.

In der Vorweihnachtszeit habe ich dann für den Meister einen schönen Tannenbaum mitgenommen, den Vater in unserem Walde geschlagen hatte. Der Weg mit dem Fahrrad von Sorsum nach Achtum betrug ca. 15 km. Im Winter bei Schnee und Eis war es besonders schwierig! Der Weg zur Berufsschule in Bettrum betrug auch immer einfach 10 km. Es gab keine andere Möglichkeit, als mit dem Fahrrad dorthin zu kommen.

Im Jahre 1940 legte ich dann vor der Handwerkskammer in Hildesheim meine Gesellenprüfung ab, die ich in allen Fächern bestand. Als Gesellenstück hatte ich ein Wagenrad angefertigt, welches dann noch viele Jahre bei uns daheim an einem Wagen seinen Dienst getan hat.

Nach der Gesellenprüfung bekam ich in der Woche 5,- DM, und die Arbeitszeit wurde auch nicht besser, so dass ich mich entschloss, den Arbeitsplatz zu wechseln. So einfach war es aber nicht, es war ja Krieg, und unser Betrieb hatte auch wichtige Arbeiten für die Firma Mann in Hildesheim. – Der Meister wollte nicht, so fuhr ich zum Arbeitsamt, habe meine Lage geschildert und bekam sofort eine neue Stelle beim Obermeister Schröder in Hildesheim. Ich fuhr gleich zur Vorstellung und konnte am nächsten Tag in diesem Betrieb anfangen.

Meine Freude war groß, endlich wieder zu Hause zu sein bei meinen lieben Angehörigen und Bekannten. Der Betrieb gefiel mir sehr gut. Außer dem Seniorchef (Obermeister) waren noch der Juniormeister, 2 Gesellen und 2 Lehrlinge dort. In diesem Kreise machte das Arbeiten Spaß und Freude. Es war eine ordentliche Bezahlung und pünktlich Feierabend. In der guten Jahreszeit für ich mit dem Fahrrad, in den Wintermonaten mit der Bahn von Emmerke bis Hildesheim. Zum Bahnhof von Emmerke waren es auch 2 km zu laufen. Aber wir waren immer in Gesellschaft. In dieser Zeit wurden wir auch nachts zur Luftschutzwache eingeteilt. 2 Stunden mit 2 Mann durch die Ortschaft gehen, auf die Verdunkelung achten und besondere Vorkommnisse gleich erledigen. In einem Wachbuch wurde alles vermerkt. Ich habe sehr oft mit Bauer Heinrich Köhler die Wache gehabt, wir verstanden uns gut.

1941 bekam ich den Stellungsbefehl zum Arbeitsdienst. Da unser Betrieb zum Rüstungswerk zählte, konnte mein Chef mich zurückstellen lassen. Ich war sehr froh darüber. – 1940 musste mein Jahr 1923 zur Musterung, ich würde für den KV befunden und der Infanterie zugeteilt.

Im März 1942 bekam ich dann den Stellungsbefehl, mich ab April 1942 bei der Ledebur-Kaserne im Ersatzbataillon 194 zu melden. Mein Bruder Alois ging am Sonntag zur Ersten Heiligen Kommunion. Es sollte das letzte große Familienfest in unserem Hause sein, was aber wohl noch keiner ahnte. Am nächsten Tag musste mein Bruder Josef zum Arbeitsdienst, wir haben uns an der Postbushaltestelle beim Bäcker Markwort verabschiedet. Von uns beiden hat keiner geahnt, dass es das letzte Mal war. Am nächsten Tag, ein Dienstag, musste ich Abschied nehmen und mich in Hildesheim melden. Von Mutter fiel mir der Abschied besonders schwer! – Mein Cousin Willig Stillig musste sich in der gleichen Kaserne und derselben Kompanie melden. Wir gingen mit einer Begeisterung, um das Vaterland und unsere Heimat das Elternhaus zu verteidigen!


 

Soldatenjahre 1942 – 1944

Mit Begeisterung sind wir in die Kaserne nach Hildesheim eingezogen. Unsere Wenigen Habseligkeiten hatten wir in einem Karton. Auf dem Kasernengelände angekommen, wurden wir entsprechend begrüßt, unsere Namen vorgelesen und gleichzeitig dann auf die Stuben verteilt. Ein Unteroffizier und Gefreiter wurden uns zugeteilt. Sie sollten uns in der Grundausbildung, die ein Vierteljahr dauerte, zu richtigen Menschen erziehen (Soldatensprache). Wir konnten ja noch nicht richtig gehen und grüßen. Alles wurde täglich geübt und oft zigmal wiederholt. Da ich in der schweren Kompanie war, wurde ich am schweren Granatwerfer ausgebildet. Das Übungsschießen war auf dem Standortgelände am Osterberg. Ich hatte Interesse, und unser Trupp erzielte gleich die besten Ergebnisse. Dafür bekamen wir Sonderurlaub. Wir waren stolz darauf.

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42014

Johannes Moehle  
Johannes Möhle