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Lehr- und Gesellenzeit

von 1937 – 1942

Im April 1937 trat ich in meine Lehre bei Herrn Stellmachermeister Ed. Kaune in Achtum an. Der Vertrag lautete auf eine 3jährige Lehrzeit mit Kost und Übernachtung im Hause des Lehrherrn.

Die Arbeitszeit war von 6 Uhr in der Frühe bis abends 18 bis 20 Uhr. Oftmals war die Arbeitszeit noch länger, da unser Betrieb außer Stellmacherarbeit auch noch Holzwaren für Käsereibetriebe an den Großhandel, Fa. Mann, Hildesheim, lieferte. Kamen die Aufträge, dann wurde von morgens 4 Uhr bis 22 Uhr abends gearbeitet. Da ich von zu Hause fort war, bekam ich viel Heimweh, und die Arbeitszeit war auch nicht meinen Vorstellungen entsprechend. Der Meister hatte sich diesen Betrieb erst aufgebaut, auch sein Wohnhaus. Die Belastungen waren wohl ernorm, so dass alle Arbeiten im Holzfach angenommen wurden, dabei wurde nicht auf geregelte Arbeitszeiten gesehen. Einige Ziegen wurden auch noch gehalten. Die Milch wurde von der Meisterin zu Butter verarbeitet. Den Stall säubern musste ich, ebenso dann abends spät Futter holen. – Der Meister hatte noch einige Posten in der NSDAP inne. Zum Beispiel die Winterhilfe und NV-Kindergarten. Die Obstdosen für das Winterhilfswerk wurden bei uns (Sammelstelle) abgegeben. Nach Feierabend habe ich dann mit einem Handwagen diese Dosen zur Ortsgruppensammelstelle in Bettmar fahren müssen. Ein Weg von ca. 10 Kilometern. Dann hatten wir einmal in der Woche abends ca. 2 Stunden Dienst in der Hitlerjugend. Die Teilnahme war Pflicht. Von Ottbergen kam der Bannführer, Herr Lehrer K., mein ehemaliger Junglehrer von Sorsum.

Wenn ich am Wochenende nach Hause zu meinen Eltern und Geschwister wollte, musste ich erst die Werkstatt aufgeräumt haben, den Stall gemistet und all die Aufräumungsarbeiten auf dem Hof erledigt haben. Es war oft 20 Uhr oder erst auch Sonntagfrüh. Vom Meister bekam ich 50 Pfennig die Woche, dabei betonte er besonders, „Dieses Geld brauchte ich nicht zu geben, aber es ist eine Anerkennung.“

Zu meinen Arbeiten gehörte auch noch, in der Erntezeit an einer Straße Kirschen und Äpfel zu pflücken, dann einen Acker mit zu bewirtschaften, Gerste mähen und abnehmen. Heuernte ging mitunter wochenlang, war sehr vom Wetter abhängig. Urlaub waren meine schönsten Wochen in der Lehrzeit, konnte ich doch dann 14 Tage im Elternhaus bei der Getreideernte mithelfen und war mit meinen Geschwistern zusammen. Abends traf ich dann meine Schulfreunde und Nachbars- und Ferienkinder. – Zum Muttertag habe ich immer eine wunderschöne Hortensie von der Gärtnerei Blumenberg für meine Mutter mitgebracht. Mutter hat sich sehr gefreut.

In der Vorweihnachtszeit habe ich dann für den Meister einen schönen Tannenbaum mitgenommen, den Vater in unserem Walde geschlagen hatte. Der Weg mit dem Fahrrad von Sorsum nach Achtum betrug ca. 15 km. Im Winter bei Schnee und Eis war es besonders schwierig! Der Weg zur Berufsschule in Bettrum betrug auch immer einfach 10 km. Es gab keine andere Möglichkeit, als mit dem Fahrrad dorthin zu kommen.

Im Jahre 1940 legte ich dann vor der Handwerkskammer in Hildesheim meine Gesellenprüfung ab, die ich in allen Fächern bestand. Als Gesellenstück hatte ich ein Wagenrad angefertigt, welches dann noch viele Jahre bei uns daheim an einem Wagen seinen Dienst getan hat.

Nach der Gesellenprüfung bekam ich in der Woche 5,- DM, und die Arbeitszeit wurde auch nicht besser, so dass ich mich entschloss, den Arbeitsplatz zu wechseln. So einfach war es aber nicht, es war ja Krieg, und unser Betrieb hatte auch wichtige Arbeiten für die Firma Mann in Hildesheim. – Der Meister wollte nicht, so fuhr ich zum Arbeitsamt, habe meine Lage geschildert und bekam sofort eine neue Stelle beim Obermeister Schröder in Hildesheim. Ich fuhr gleich zur Vorstellung und konnte am nächsten Tag in diesem Betrieb anfangen.

Meine Freude war groß, endlich wieder zu Hause zu sein bei meinen lieben Angehörigen und Bekannten. Der Betrieb gefiel mir sehr gut. Außer dem Seniorchef (Obermeister) waren noch der Juniormeister, 2 Gesellen und 2 Lehrlinge dort. In diesem Kreise machte das Arbeiten Spaß und Freude. Es war eine ordentliche Bezahlung und pünktlich Feierabend. In der guten Jahreszeit für ich mit dem Fahrrad, in den Wintermonaten mit der Bahn von Emmerke bis Hildesheim. Zum Bahnhof von Emmerke waren es auch 2 km zu laufen. Aber wir waren immer in Gesellschaft. In dieser Zeit wurden wir auch nachts zur Luftschutzwache eingeteilt. 2 Stunden mit 2 Mann durch die Ortschaft gehen, auf die Verdunkelung achten und besondere Vorkommnisse gleich erledigen. In einem Wachbuch wurde alles vermerkt. Ich habe sehr oft mit Bauer Heinrich Köhler die Wache gehabt, wir verstanden uns gut.

1941 bekam ich den Stellungsbefehl zum Arbeitsdienst. Da unser Betrieb zum Rüstungswerk zählte, konnte mein Chef mich zurückstellen lassen. Ich war sehr froh darüber. – 1940 musste mein Jahr 1923 zur Musterung, ich würde für den KV befunden und der Infanterie zugeteilt.

Im März 1942 bekam ich dann den Stellungsbefehl, mich ab April 1942 bei der Ledebur-Kaserne im Ersatzbataillon 194 zu melden. Mein Bruder Alois ging am Sonntag zur Ersten Heiligen Kommunion. Es sollte das letzte große Familienfest in unserem Hause sein, was aber wohl noch keiner ahnte. Am nächsten Tag musste mein Bruder Josef zum Arbeitsdienst, wir haben uns an der Postbushaltestelle beim Bäcker Markwort verabschiedet. Von uns beiden hat keiner geahnt, dass es das letzte Mal war. Am nächsten Tag, ein Dienstag, musste ich Abschied nehmen und mich in Hildesheim melden. Von Mutter fiel mir der Abschied besonders schwer! – Mein Cousin Willig Stillig musste sich in der gleichen Kaserne und derselben Kompanie melden. Wir gingen mit einer Begeisterung, um das Vaterland und unsere Heimat das Elternhaus zu verteidigen!